
Interview mit Annika Kuhn: „Da steckt ganz viel Herz drin“
Annika Kuhn ist freiberufliche Illustratorin, Grafikdesignerin, Verlagsgründerin und eine Kreative der Euregio. Gemeinsam mit Martin Grolms hat sie die Kindervorlesereihe „Pinipas Abenteuer“ ins Leben gerufen. Im CREATOPIA Interview spricht sie über den Weg hin zur Veröffentlichung von „Pinipas Abenteuer“, ihre Arbeit als Illustratorin und die Motivation, die sie aus Kundenkontakten schöpft.
Interview mit Annika Kuhn

Annika, beginnen wir mit einer Frage, die du bestimmt häufiger gestellt bekommst. Was machst du als Illustratorin eigentlich?
Ich bin freiberuflich sowohl im illustratorischen als auch im grafischen Bereich für Firmen tätig. Hier mache ich klassische Dinge, wie das Erstellen eines Coporate Designs. Manchmal sind die Aufträge allerdings auch tiefgehender. So versuche ich häufig Bildideen umzusetzen, die Metaphern darstellen. Außerdem habe ich 2014 gemeinsam mit meinem jetzigen Mann die Kinderbuch Vorlesereihe „Pinipas Abenteuer“ ins Leben gerufen. Mittlerweile nimmt Pinipa gut einen Drittel meiner Arbeitszeit ein. Schließlich muss man auch nach der Buchveröffentlichung dranbleiben: Marketing, Kooperationen, Administratives – nach der Veröffentlichung mussten wir uns zunächst in viel Neues einarbeiten.
Wie kamt ihr auf die Idee für Pinipas Abenteuer?
Das ist eine sehr lustige Geschichte. Martin und ich haben uns auf einer WG-Party kennengelernt. Martin war über einige Ecken eingeladen und ich kannte ihn gar nicht. Er kam dann auf mich zu und fragte: „Und was machst du eigentlich hier?“ Ich antwortete: „Das ist meine Wohnung.“ So sind wir ins Gespräch gekommen und da wir beide zu diesem Zeitpunkt schon selbstständig waren, hatten wir natürlich auch genügend Gesprächsstoff.
Bei einem Bier unterhielten wir uns auch über die Frage „Was willst du später machen?“. Martin hat gesagt: „Ich würde gerne ein Kinderbuch schreiben. Ich würde Kindern komplexe Zusammenhänge gerne ganz einfach erklären.“ Und da ich auch immer schon einmal ein Kinderbuch illustrieren wollte, haben wir uns dann jeden Freitag getroffen und zusammen über 3 Jahre das Konzept zu „Pinipas Abenteuer“ entworfen. Wir haben das Konzept dabei immer wieder verworfen und weiterentwickelt. In Pinipa steck sehr viel Herz und Leidenschaft.
„Pinipas Abenteuer“ habt ihr im eigenen Verlag veröffentlicht. Wie kam es dazu einen eigenen Verlag zu gründen?
Eigentlich wollten wir „Pinipas Abenteuer“ in einem großen Kinderbuchverlag unterbringen. Also haben Martin und ich mit viel Liebe ein Exposé zusammengestellt und dieses an die größten Kinderbuchverlage geschickt. Als erstes kam die große Ernüchterung, denn natürlich hat sich zunächst niemand gemeldet. Dreimonatige Wartezeiten und mehr sind bei den großen Verlagen meist normal. Dazu kam, dass viele Verlage nicht so viel mit komplett fertigen Kinderbüchern anfangen können. Die meisten Verlage haben es gerne, wenn ein Autor mit einer Idee auf sie zukommt und sie selbst dann noch Änderungen einpflegen können und zum Beispiel einen ihrer eigenen Illustratoren damit beauftragen können, das Buch zu illustrieren. Wir sind mit einem Verlag dann schließlich sogar in die Diskussion gegangen. Aber dieser wollte Änderungen, die für uns gar nicht in Frage kamen.
In einem kleinen Verlag wollten wir allerdings auch nicht veröffentlichen. Denn auch hier muss der Autor viel Arbeit in Marketing und anderes stecken und erhält meist nur ein kleines Stück vom Kuchen. Also haben wir uns entschlossen: Wir veröffentlichen „Pinipas Abenteuer“ selbst! Wir waren ja beide schon zuvor selbständig. Im Prinzip war es dann nur noch ein kleiner Schritt zum eigenen Verlag, wobei man sich natürlich in sehr viel Neues einarbeiten musste.

Von der Idee „Wir veröffentlichen Pinipas Abenteuer selbst“ bis hin zur Umsetzung war es aber bestimmt noch ein weiter Weg. Erzähl mir von diesem Weg!
Am Anfang stand natürlich die Frage: Wie finanzieren wir die Veröffentlichung? Wir haben uns dann für Crowdfunding entschieden und das hat total super funktioniert. Der Verlag und „Pinipas Abenteuer“ waren deshalb sehr schnell geboren.
Nun verkaufen Verlage meist nicht direkt an die Leser, sondern an den Buchhandel. Also war die nächste Frage, wie wir das Buch in den Buchhandel bringen. Auch die Produktion der Bücher war zunächst etwas, über das wir viel lernen mussten. Wir wollten unbedingt in Deutschland drucken lassen, damit alles für alle Beteiligten möglichst fair und sozial von Statten geht. Uns war von Anfang an klar, dass die faire Produktion ein absolutes Muss für uns ist. So nach und nach hat man sich dann ein richtig gutes Netzwerk aufgebaut und mittlerweile läuft alles sehr gut.
Von einem Herzensprojekt wie Pinipa mal zu deinen anderen Arbeiten. Wie kommst du auf deine Ideen?
Das kommt auf den Auftrag an. Zu Beginn brainstorme ich mit den Unternehmen, um zu ermitteln, was dieses wirklich braucht. Manchmal sind die Ideen, welche die Kunden haben gar nicht die Richtigen und gemeinsam entwickeln wir dann ein Konzept. Oftmals habe ich direkt eine gute, metaphorische Idee. Aber manchmal braucht der ganze Prozess auch seine Zeit. Wenn ich eine richtige Blockade habe, liegt das meist daran, dass ich überarbeitet bin und nicht genug geschlafen habe. Da hilft dann eine Runde rausgehen und frische Luft schnappen. Und um Ideen zu entwickeln, hilft es natürlich auch sich im Internet inspirieren zu lassen.
Wie arbeitest du am liebsten? Digital? Mit Stift und Papier?
Ich illustriere immer digital. Allerdings bin ich ein großer Fan meines Notizbuches. Die schnelle Idee trage ich immer in mein Notizbuch ein. Ansonsten arbeite ich viel mit Adobe Illustrator oder dem IPad. Das Schöne hierbei ist, das ich zwar digital arbeite, aber dennoch einen Stift in der Hand habe.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Illustratorin sein, ist ja gewiss kein normaler 9to5 Job.
Ich arbeite häufig in einem gewissen Zeitfenster, das mir einfach äußere Umstände vorgeben. Ich habe ein kleines Kind zuhause. Deshalb muss ich mich an den Kitazeiten orientieren. Aber du hast recht, einen wirklich normalen 9to5 Job hat man als freiberufliche Illustratorin nicht. Manchmal ist der Workload super hoch, dann hat man sehr viel zu tun. Manchmal sehr niedrig, sodass man die Zeit viel flexibler gestalten kann.
Nun eine Frage um die man im Jahr 2020/2021 wohl nicht herumkommt: Wie hat Corona deinen Arbeitsalltag verändert?
Ich glaube für mich war es keine so starke Umstellung, wie für andere. Ich arbeite von Zuhause aus, also wurde bei mir keine Rituale aufgebrochen, wie der Kaffee mit den Kollegen oder das morgendliche ins Büro fahren. Ich habe diese Arbeitsrituale zuhause. Corona macht nur alles noch flexibler. Meine Kinder sind im Moment natürlich zuhause, weil die Schulen und Kitas geschlossen haben. Also schiebe ich im Moment auch Zeiten ein, die ich einfach mal mit den Kindern verbringe.
Ansonsten merkt man die Auswirkungen der Corona Pandemie natürlich auch im Buchhandel sehr. Viele greifen jetzt auf Amazon oder andere Onlinehändler zurück. Außerdem fallen die ganzen Präsenzveranstaltungen natürlich weg. Wir waren sehr häufig auf Designmärkten zugegen und haben Pinipa und unsere anderen Bücher vorgestellt. Das geht während der Corona Pandemie natürlich nicht. Der Marketingeffekt dieser Präsenzveranstaltungen fällt somit weg. Außerdem fehlt uns der Kundenkontakt sehr, denn dieser gibt einem selbst unglaublich viel Motivation.
Inwiefern bringt der Kundenkontakt dir Motivation für deine Arbeit? Ist dir da eine Situation in Erinnerung geblieben?
An eine Begebenheit erinnere ich mich noch sehr gut und ich glaube, diese werde ich auch nicht so schnell vergessen. Wir waren auf dem handmade circus in der Aula Carolina und ein Mann kam auf mich zu. Er war total aufgeregt und hat mir erzählt, dass seine Frau mit seinem Baby auch hier sei und dass er sie jetzt gleich vorbeibringen würde. Ich muss zugeben, dass ich etwas irritiert war, denn – man möge es mir vergeben – ich erkannte diesen Mann nicht. Dann hat er seine Tochter, noch ein kleiner Säugling, und seine Frau zu unserem Stand gebracht und hat mir das Babybuch, das ich illustriert habe, in die Hand gedrückt. Diese Familie hatte dieses Buch total liebevoll ausgefüllt mit Bildern und allem Drum und Dran. Ich habe mir das dann angucken können. Das war ein sehr privater Eindruck. Schließlich klebt man in so ein Buch auch Ultraschallbilder, Babybauchbilder und vieles mehr. Es war berührend zu sehen, was etwas, das ich illustriert habe, Menschen bedeuten kann.
Ähnliches gilt auch für Kinderbücher. Beobachten zu können, wie Kinder mit leuchtenden Augen ein Buch entdecken, ist wunderbar.
Wenn du deinem früheren Ich oder jungen Illustratoren einen Tipp geben könntest, welcher wäre es?
Guck nicht zu sehr nach links und rechts. Lass dich nicht einschüchtern, wenn andere etwas Bestimmtes total toll können. Konzentrier dich lieber darauf, was du ganz besonders toll kannst, denn das können die anderen auch nicht. Und: Was du kannst, ist nicht langweilig. Trau dich deinen eigenen Stil zu entwickeln.
Letzte Frage: Woran arbeitest du momentan?
Ich bereite momentan einen Kurs mit Kindern zum Thema „Rezepte illustrieren“ vor. Dieser Kurs findet im Rahmen des Kulturrucksack NRWs statt und es geht darum Kinder zwischen 10 und 14 an das Illustrieren heranzuführen. Ich mache das schon seit einigen Jahren, aber aufgrund von Corona mussten wir 2020 und werden wir auch 2021 umplanen müssen. Letztes Jahr habe ich deshalb Videos gedreht und ich denke, das werde ich dieses Jahr wieder so machen.
Außerdem arbeite ich momentan an Illustrationen für die zauberkarten eines Zauberers. Auch total spannend.
Mehr zu Annika Kuhn und Pinipa…
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